Ein Weg durch die Ungewissheit

Die Zeit im Krankenhaus

Ich will nichts beschönigen. Die Tage im Krankenhaus waren zermürbend, beängstigend und Kräfte zehrend. Grelles Licht in der Nacht, stetig alarmierende Maschinen, wir befanden uns in einer Art Trance-Zustand, geschockt, hilflos und hoffnungslos.

Unser Sohn hielt eine Woche lang seine Augen geschlossen, er war schlapp und kraftlos und nahm kaum wahr was um ihn herum geschah. Die Uniklinik Augsburg reagierte rasch und verordnete bereits am zweiten Tag Physiotherapie (Bobath und E-Technik).
Ausserdem waren die Schwestern sehr dahinter, dass genügend Kuschelstunden statt fanden. Das tat uns und unserem kleinen Knäuel gut.

Nachdem wir schließlich über zwei Wochen lang täglich den glücklichen, frischgebackenen Eltern aus der verglasten Kantine des Krankenhauses zusahen, wie sie voller Freude mit einer Babyschale voll Glück nach Hause liefen, wurden wir selbst in eine ganz andere Realität entlassen. Übernächtigt und belastet mit beängstigenden Prognosen, einer Magensonde, einem überdimensional großen Pulsoxymeter, einem Erste-Hilfe-Kurs für Babys und einem Crash-Kurs in Sondierung, traten wir unseren Weg ins Ungewisse an. 

Die erste Unterstützung: Der Bunte Kreis

Zu unserer Unterstützung stellte man uns eine Krankenschwester des Bunten Kreises (eine Stiftung in Bayern-Schwaben, die Familien mit schwer kranken Kindern hilft) zur Seite, die uns für insgesamt 20 Stunden kostenfrei betreuen sollte. Ich gebe zu, anfangs konnte ich die Dame nicht leiden. Doch das war einzig der Tatsache geschuldet, dass sie uns mit Ihrer Anwesenheit indirekt daran erinnerte, dass unser Kind chronisch krank war. Am Ende war ich dennoch dankbar für die Hilfe des Bunten Kreises und vor allem dafür, wieder zu Hause zu sein. Es war ein Segen, im eigenen Bett schlafen zu dürfen und nicht mehr vom grellen Licht und den ständig piepsenden Überwachungsgeräten geweckt zu werden.

Erste Herausforderungen

Das Zuhause sein brachte jedoch seine eigenen Herausforderungen mit sich. Wir mussten uns auf ein langwieriges Fütter-Ritual einstellen. Mit Engelsgeduld und vielen Mundmassagen nach Castillo Morales versuchte ich unseren Sohn alle drei Stunden zum Trinken und Schlucken zu animieren. Seine Muskelhypotonie ließ ihn oft nach wenigen Minuten vor Erschöpfung einschlafen, und ich fand mich oft weinend und verzweifelt wieder, weil mein kleines Baby nicht die Kraft und ich nicht den gewünschten Einfluss hatte, die Situation zu verbessern.

Die ersten Wochen bestanden nur aus Therapien, Füttern und Sondieren. Dies beanspruchte so viel Zeit und Energie, dass ich kaum aus dem Haus kam. Es war eine Zeit der Isolation und des ständigen Kampfes um die Gesundheit und Entwicklung unseres Sohnes.

Ein kleiner Triumph: Der Abschied von der Magensonde

Der Wendepunkt kam, als Maxi es schließlich schaffte, 70 ml in einer Stunde zu trinken, ohne dabei einzuschlafen. Dies entsprach der, von Seiten der Ärzte ,vorgegebenen Menge an Nahrung, die er alle 3 Std benötigte. In diesem Moment zog ich ihm, nach Rücksprache mit der Pflegeschwester, die Magensonde eigenhändig heraus. Ich hasste dieses Ding! Besonders weil ich den Verdacht hatte, dass es Maxi das Schlucken erschwerte und er so weniger Chancen hatte seine Mundmuskulatur und das Schlucken selbst zu trainieren. Der Schlauch war dick mit Nasensekret umhüllt, was meine Vermutung letztendlich bestätigte. Und da er es nun eigenständig schaffte seine Nahrung zu sich zu nehmen, war damit der nächste Weg geebnet. Der Weg des Kräftesammelns.

Die Pörnbachtherapie

Die Anzahl der Stunden pro Mahlzeit wollten sich nicht minimieren. Daher suchte ich schon bald nach zusätzlicher, therapeutischer Unterstützung.
Ich wandte mich über Empfehlungen an die Lichtblick Praxis von Frau Simone Zahn-Neuberth. Simone ist Logopädin und qualifiziert in mehreren Bereichen wie Castillo Morales, Manuelle und Chranio-Sakrale Therapien und Therapien nach Pörnbach. Ich erinnere mich noch gut daran, wie sie unseren kleinen Schatz zum ersten Mal bäuchlings auf einen übergroßen, steilen Keil legte. Mit verschiedenen Übungen trainierte sie seinen Rücken, seine Trinkfähigkeit und vor allem seinen Kampfgeist. In dieser ersten Sitzung lernte ich auch, wie man Babys mit Muskelhypotonie durch Stimme, Sprechen und Massagen aktivieren kann.

Es war überwältigend zu sehen, mit wie viel Hingabe und Liebe Simone unser Baby und ein Stück weit auch mich therapierte. Wie ein Wunder war es, als Maxi schon nach der ersten Stunde eine Flasche mit 70ml in nur noch 20 Minuten statt einer Stunde leer trank. Trotz dem wir mit dem monströsen Hilfsmittel nun wieder eine Komponente im Haus hatten, welches uns daran gnadenlos erinnerte, dass unser Kind chronisch krank war, war es auch ein absoluter Segen für Maxis weitere Entwicklung. Und Simone war by far unser erste Lichtblick auf unserem Weg ins Ungewisse!

Die Pörnbachtherapie wird in Deutschland von der gesetzlichen Krankenkasse übernommen und verhalf uns zu einigen Meilensteinen, die wir (so glauben wir) mit Physiotherapie nach Bobath und Voita alleine nicht erreicht hätten.

Der Übergang zur Routine

Langsam, aber sicher begannen wir, eine Routine in unserem Alltag zu entwickeln. Wir fanden Therapeuten, denen wir vertrauen konnten, und erstellten einen Therapieplan, der auf die individuellen Bedürfnisse unseres Kindes abgestimmt war. Es war ein langer Prozess, aber mit der Zeit wurden die Therapiesitzungen zu einem festen Bestandteil unseres Alltags. Wir fühlten uns gesehen und aufgehoben und die Routine brachte eine gewisse Stabilität in unser Leben. Auch unser Sohn begann, die regelmäßigen Therapiesitzungen als Teil seines Lebens anzunehmen. Die Fortschritte kamen mal langsam, mal schnell, aber sie waren da und gaben uns Zuversicht und die Kraft, weiterzumachen. Jeder noch so kleine Erfolg – sei es eine neue Fähigkeit, die unser Kind erlernte, oder einfach nur ein Lächeln auf seinem Gesicht – zauberten ein Feuerwerk in unseren Köpfen und stärkte unser Vertrauen in die Zukunft.

Eine beruhigende Gewissheit

Wir erkannten, dass das Leben mit besonderen Bedürfnissen anders ist, aber nicht weniger wertvoll. Die Therapien halfen nicht nur unserem Kind, sondern auch uns als Familie. Wir lernten geduldiger und einfühlsamer zu sein, wir erweiterten unseren Horizont und unser Wissen und wir schätzten die kleinen Dinge des Lebens mehr, als je zuvor.

Unser Weg von der Ungewissheit hin zur Routine in den Therapien für unser Kind war lang und manchmal auch kräftezehrend. Doch die Zeit und unser Durchhaltevermögen als Familie gab uns Step by Step wieder die Gewissheit zurück. Die Gewissheit, dass es weiter geht, die Gewissheit, dass wir stark sind und die Gewissheit, dass wir nicht alleine sind.

Ich bin Silke

Willkommen zu meinem Blog.
Hier findest Du unsere ganz persönlichen Erfahrungen, Anreize und Motivationen zum Leben mit dem PWS Syndrom. 

Schreibe mir gerne!

Warum dieser Blog?

Wir möchten euch mit diesem Blog Mut schenken eure ganz individuelle Reise mit eurem einzigartigen Kind an zu treten!
Die Realität ist oft ganz anders, als zunächst angenommen. Jedes Kind hat seine eigenen Stärken und Fähigkeiten, und oft überraschen sie uns auf wundervolle Weise. Bleibt zuversichtlich und nehmt euch die Zeit, euer Kind und euch als neue Familie wirklich kennenzulernen.